„Ich bin in die SPD eingetreten, weil ich bei meinen
sozialdemokratischen Eltern gelernt habe, dass man Menschen in Not hilft, aber
auch immer die Frage nach den Strukturen stellen muss, um Dinge für alle zu
verbessern.“
Mein Name ist Saskia Esken. Ich bin 58 Jahre alt und lebe mit meiner Familie in Calw,
einer 23.000-EinwohnerInnen Stadt in der Nähe von Stuttgart, Geburtsstadt von
Hermann Hesse. Als Kommunalpolitikerin und Bundestagsabgeordnete in einem ländlich
geprägten Raum weiß ich um die Herausforderungen und Chancen, welche sich fernab der
Großstädte stellen.
Seit 2013 bin ich Mitglied des Bundestags. Der kulturelle Wandel, den die
Digitalisierung mit sich bringt und ermöglicht, bietet uns viele Chancen. Er bringt
Menschen in aller Welt zusammen, eröffnet den Zugang zum Wissen dieser Welt und
erleichtert die Kommunikation und Zusammenarbeit über fast alle Grenzen hinweg. Auf
der Grundlage von gut ausgewählten Daten und klugen Algorithmen können gute
Entscheidungen getroffen und wertvolle Dienste entwickelt werden. Zugleich stellt
uns dieser Wandel jedoch auch vor Herausforderungen. Als Beispiel mag ich hier etwa Spielbanken heranziehen. Diese müssen sich an den Glücksspielstaatsvertrag halten und daher den Spielerschutz so gut es geht - und staatlich kontrolliert - gewährleisten. Weiterhin zahlen diese Institutionen natürlich Steuern. Mit der Digitalisierung bekamen Online Casinos mehr und mehr Zulauf. Leider hielten diese sich nicht unbedingt immer an die deutschen Regularien und beriefen sich dabei auf die europäische Diensleistungsfreiheit. Um nun die deutsche Steuerpflicht, auch was die neue 5,3%-tige Spinsteuer angeht, durchzusetzen, bedarf es wohl zusätzlicher Maßnahmen. Weiterhin bewegt sich ein Casino ohne Steuer im de facto rechtsfreien Raum und sind damit nüchtern juristisch betrachtet sogar komplett legal. Zwar verstoßen diese Casinos gegen den deutschen Glücksspielvertrag, jedoch nicht gegen Casinos Gesetze Europas. Das ist ein Dilemma, dass die deutsche Politik in Zusammenarbeit mit den europäischen Kollegen des EU Parlaments lösen muss. Auch für den Arbeitsmarkt gibt es durch die Digitalisierung riesige Herausforderungen. Gerade die Arbeitswelt ist
davon betroffen. Wer, wenn nicht die Sozialdemokratie, sollte dafür sorgen, dass aus
technologischem Fortschritt sozialer Fortschritt wird und dass er ein menschliches
Antlitz behält, der die BürgerInnen- und Verbraucherrechte achtet?
Die SPD hat als erste Partei ein digitales Grundsatzprogramm verabschiedet. Trotzdem
werden wir nicht gerade als Partei der Digitalisierung wahrgenommen. Die
Demonstrationen gegen Uploadfilter haben gezeigt, welche Bedeutung das Thema
insbesondere bei den jungen Menschen hat. Diese Menschen, die da für die Freiheit im
Netz auf die Straße gegangen sind, fühlen sich politisch nicht vertreten. Sie müssen
erkennen, dass PolitikerInnen ihre Welt regulieren, obwohl sie diese nicht
verstehen. Ich möchte einen Teil dazu beitragen, diesen Menschen eine Hoffnung und
eine politische Heimat zu geben. Ich bin gegen ACTA und mit noSpy auf die Straße
gegangen, habe mich gegen die Vorratsdatenspeicherung und gegen Staatstrojaner
gestellt und war in der SPD eine standhafte Stimme gegen die Uploadfilter. Im
Innenausschuss stehe ich für starke BürgerInnenrechte im Netz und anderswo. Ich habe
mit dieser Glaubwürdigkeit in der Community eine starke Wahrnehmung und möchte damit
auf die Netz-AktivistInnen zugehen und sie mit unserer Partei verbünden.
Als SPD-Vorsitzende im Tandem mit Norbert Walter-Borjans möchte ich mit Euch an einem
neuen sozialdemokratischen Zukunftsversprechen arbeiten. Lasst uns dafür sorgen,
dass unsere KiTas und Schulen Orte der Bestärkung und der Ermächtigung von Kindern
und Jugendlichen werden. Lasst uns dafür sorgen, dass anständige Einkommen aus
sicherer Erwerbsarbeit, bezahlbarer Wohnraum, kostenlose Bildung und gute
öffentliche Infrastruktur den Menschen ihre Souveränität wieder geben,
selbstbestimmt ihr Leben zu gestalten. Lasst uns dafür sorgen, dass neoliberale
Irrtümer wie Hartz IV oder die Mär vom schlanken Staat, endlich überwunden werden
können. Lasst uns das Konzept für einen Sozialstaat entwickeln, der bedingungslos an
der Seite von Menschen steht, die Unterstützung brauchen und der nicht länger auf
einer Misstrauenskultur aufgebaut ist. Lasst uns allen Kommunen in der Republik
wieder die finanziellen Spielräume geben, damit sie Schwimmbäder, KiTas und Schulen
sanieren und den ÖPNV ausbauen können. In ihrem Lebensalltag vor Ort müssen die
Menschen spüren, dass die Politik für sie da ist und dass „Deinen Kindern wird es
einmal besser gehen“ wieder das sozialdemokratische Grundversprechen wird.